Kirche

Gestern Abend war ich zur Kirche eingeladen. Aus Erzählungen wusste ich schon, dass Kirche hier meistens komplett anders ist, als in Deutschland. Aber was mich dann dort wirklich erwartet hat, habe ich nicht gedacht. Schon als ich vor dem Eingang stand, klang laute Musik aus dem Inneren. Viele junge Menschen strömten in die Kirche. Als ich den Raum dann betreten habe, war ich wirklich überrascht. Ein großer Saal, in dem in Deutschland vielleicht eher Hochzeiten gefeiert werden würden. Ein Graffiti in bunten Farben an der Wand: God bless this city. Eine live Band auf der Bühne, alle in Freizeitkleidung, der Schlagzeuger sogar in Manchester-United Trikot (haben gestern aber trotzdem nur 0-0 gegen Manchester City gespielt…). Ich kam mir vor, wie auf einem Konzert und dieser Eindruck sollte sich später bestätigen. Junge und alte Menschen kamen zusammen-schwarze und weiße.  
Nach der kurzen Begrüßung durch den Jugend-Pastor gab es erstmal eine Tanzaufführung. Etwa 15 Mädchen in Baggy-Hosen,  Oversized-Shirts mit der Aufschrift „Endless Praise“  und neonfarbenen Caps sprangen auf die Bühne. Sie wurden vom Puplikum bzw von der Gemeinde gefeiert und bejubelt. Danach spielte die Band. Alle Leute standen auf, tanzten, sangen mit oder genossen einfach die Musik und den Text…Über der Bühne waren drei große Bildschirme. Auf dem mittleren war der Songtext zu sehen und auf den anderen beiden  war mal das Puplikum zu sehen und mal die Band aus verschiedenen Winkeln. Insgesamt waren bestimmt 5 Kameramänner im Saal.
Nach drei Liedern hätte ich erwartet, dass die Band aufhört zu spielen und der Pastor auf die Bühne kommt, um eine Predigt zu halten. Das war allerdings nicht der Fall. Die Band spielte weiter und weiter, die Leute tanzten. Teilweise haben die Mädchen so getanzt, wie ich es nichtmal im Club machen würde (selbst wenn ich es könnte. Aber das ist ein anderes Thema, die Schwarzen haben wirklich den Rhythmus im Blut…) Nach ca. 45 Minuten kam dann der Pastor auf die Bühne, legte ein Solo ein und sang ab dann mit. Zwischendurch redete er einfach, während die Musik noch lief, was dann vermutlich mit der Predigt in einer deutschen Kirche zu vergleichen ist. Dann kam kurz der Jugend-Pastor dazu, las eine Bibelstelle vom Smartphone ab, wurde von der Gemeinde wieder laut bejubelt und verließ die Bühne wieder. So ging das dann insgesamt ungefähr zwei Stunden. Es war sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Menschen auf die Worte/den Gesang des Pastors eingegangen sind. Einige haben wie gesagt laut gejubelt und getanzt, während andere auf die Knie gegangen sind, ruhig gebetet haben. Wieder andere haben geweint oder lagen sich mit anderen in den Armen.
Die Zeit ging viel schneller um, als in der Kirche in Deutschland und ich kann nach diesem Abend auch irgendwie verstehen, warum die Menschen hier  so gläubig sind und jede Woche in die Kirche gehen.  Ein „God bless you“  wird oft mit einem „Thank you“ verbunden. Aber auch ein „God will punish you“ habe ich schon zu Ohren bekommen. Hoffentlich gleicht sich das wieder aus… Der Glaube und die Verbundenheit zu Gott wird einem hier einfach komplett anders vermittelt. Hier ist es nicht das mit-alten-Leuten-zu-Orgelmusik-in-der-kalten-Kirche-sitzen, wie ich es vor Augen habe, sondern eine Art Party mit Freunden. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Sebastian Schulz (Mittwoch, 28 Oktober 2015 12:22)

    Hey Merle,

    ich verfolge deinen Blog schon die ganze Zeit und freue mich über deine Berichte. Auch die Fotos sind klasse! Ich hoffe, dass du dich weiterhin wohlfühlst und ich freue mich schon auf deine nächsten Infos!

    Viele Grüße nach Namibia

    Schulzi ;)